Gunzwil unterliegt Lugano im Cup
Marco Dali trieft schon zwei Stunden vor Anpfiff vor Schweiss. Am Cup-Fest muss er es mit doppelter Hitze aushalten: Die Temperaturen steigen deutlich über 30 Grad, und am Gunzwil-Grill, ja, bratet er. Er leidet, wischt sich die Stirn, vermag bei den sich stetig mehrenden Bratwurst- und Burgerbestellungen bravourös auf Cuptempo-Modus zu schalten. Hoffentlich gibt es keine Verlängerung, wenigstens aus der Sicht des Grilleurs nicht.
Nein, es wird dann während den kommenden 94 Spielminuten nie nach Verlängerung aussehen. Das Geschehen auf dem Lindenrasen ist wesentlich weniger hitzig. Es ist kein böser Cup-Fight, vielmehr ein freundschaftliches Spielen und Spielen lassen. «Gonzbu», der Fussballverein, ist eben erst 70-jährig geworden, sieht gleich nach dem Anpfiff etwas alt aus und liegt nach fünf Minuten 0:2 hinten, nachdem die beiden Teams von der Champions-League-Hymne musikalisch begleitet auf das Feld gelaufen waren.
Aber Hallo! Nach dem 0:2 bleibt die Partie für lange Zeit offen und ausgeglichen. Die Lugano-Profis, schon beim Warmlaufen (sagt man dem bei 34 Grad Hitze so?) von einem Staff-Mitglied minutiös auf Video gebannt, kommen nun nicht mehr richtig voran.
Schiedsrichterbestechung bleibt ungehört
Die amüsanten «Bestechungsversuche» von ein paar jugendlichen Gunzwilern («Hey Schiri, 20 Franken für jeden Gunzwil-Penalty!») fruchten beim Schiedsrichter zwar nicht, auch eine Erhöhung des Angebots um das Fünffache nicht. Doch: Der FC Gunzwil kommt nun von allein gefährlich vor das Lugano-Tor, und das mehrere Male.
Der Festspeaker fordert jetzt das Publikum auf, den FCG zu unterstützen: «Olé, olé, olééé, Nünzähdrüeföfzg, jo das esch de FCG!» In der 38. Minute gelingt den Gunzwilern ein richtig schöner Angriff in den Lugano-Strafraum, der Ball saust knapp dem Pfosten vorbei. Da staunt Luganos Mister Mattia Croci-Torti. Ganz ehrlich: Gunzwil ist jetzt dem 1:2 näher als Lugano dem 3:0. Sogar mal ein Lugano-Befreiungsschlag ist vor der Pause mit dabei.
Nach der Pause bald «Finito» mit «Dolce far niente»
«Stemmig!», ruft der Gunzwil-Speaker nach dem Wiederanpfiff in sein Mikrofon. Einige Lugano-Fans verstehen das falsch, zünden Fackeln an und machen viel Rauch… um Nichts! Denn Lugano hat ja nur ein biederes 2:0.
Doch dann, zehn Minuten später, hat Coach Croci-Torti genug vom «Dolce for Niente» seiner zweiten Garnitur, denn, zugegeben, Stars wie Steffen, Celar, Bottani, Sabbatini, Valenzuela, Hajdari oder Saipi hatte er zu Beginn alle auf die Ersatzbank gesetzt. Luganos Slowene Zan Celar versenkt in der 57. Minute einen Foulpenalty. Damit ist die gute Stimmung auf Linden vorerst etwas weg, das tut ganz schön weh, Zanschmerzen sozusagen.
Gunzwil-Stürmer Till Fleischli hat in der 72. Minute die Chance für den Ehrentreffer, nachdem Roman Macek zuvor (70.) auf 4:0 erhöht hatte. Aber Fleischli köpfelt daneben. Getroffen hatte Gunzwil im Cup gegen Lugano sonst immer, 1992 beim 2:7 und 2016 beim 1:4. Ja, vor sieben Jahren war Ibrahim Terzimustafic der Gunzwil-Skorer, er ist übrigens, nach einem Abstecher zum FC Sursee, auch diesmal wieder mit dabei. Doch die Luft ist draussen, die Tessiner schiessen zwischen der 89. und der 93. Minute noch drei weitere Tore (Steffen, Sabbatini, Bottani). Gunzwil-Goalie Mauro Felix hat jetzt schon ein bisschen den Kater.
Das Cup-Fest dauert bis um 3 Uhr morgens
Schlusspfiff, Erlösung. Trotz 0:7 fühlen sich die Gunzwiler Fans wie im 7. Himmel, fast alle rennen sie auf den Rasen. Hier ein Selfie mit Nationalspieler Renato Steffen, da ein Autogramm von Trainer Croci-Torti. «Wir haben uns polizeilich bewilligen lassen, dass wir bis drei Uhr morgens feiern dürfen», sagt FCG-Präsident Samuel Stocker, und ergänzt: «Nach dem Match kann ich es ja ruhig sagen: Das Resultat ist doch zweitrangig. Es ist ein richtiges Cup-Fest», und man werde dank reger Konsumation im Festzelt auch finanziell noch ein bisschen Gewinn machen. Gunzwils Vereinschef hatte nur einen unangenehmen Zwischenfall zu notieren, als eine Anhängerin des FC Lugano wegen Rückenproblemen mit der Bahre ins Sanitätszimmer transportiert und dort kurzzeitig gepflegt werden musste.
Gunzwil-Trainer Sandro Kramis bedauert nach Spielschluss, dass seinen Spielern der 1:2-Anschlusstreffer nicht gelungen ist. «Dann wäre die Linden ‹explodiert›. Wir waren ganz einfach in den ersten fünf und in den letzten fünf Minuten des Spiels nicht auf der Höhe. Aber sonst finde ich, dass wir lange Zeit eine sehr gute Leistung gezeigt haben.» Lob gibt’s schliesslich auch aus der Super League, von Lugano-Allenatore Croci-Torti: «Ich gratuliere Gunzwil zu einer sehr guten ersten Halbzeit.»
Danach begann sie in Gunzwil, die 3. Halbzeit, trotz 0:7 bis drei Uhr morgens im siebten Cup-Party-Himmel.
Gunzwil – Lugano 0:7 (0:2)
Linden. – 1820 Zuschauende. – SR Schärli.
Tore: 3. Marques 0:1. 5. Vladi 0:2. 57. Celar (Foulpenalty) 0:3. 70. Macek 0:4. 89. Steffen 0:5. 90. Sabbatini 0:6. 93. Bottani 0:7.
Gunzwil: Felix; Ramundo (88. Marco Rogger), Fischer, Kronenberg, Jurt; Furrer (46. Martini), Stocker (46. Thimo Fleischli), Till Fleischli, Iwan Rogger (46. Schumacher); Terzimustafic, Borge Lopes (65. Nurmi).
Lugano: Berbic; Espinoza, Mai (46. Hajdari), El Wafi, Marques; Grgic, Belhadj (69. Sabbatini), Macek; Babic (56. Steffen), Cimignani (46. Bottani), Vladi (56. Celar).
Bemerkungen: 13. Fleischli lenkt Ball an die Gunzwil-Latte ab. 20. Vladi-Kopfball an den Pfosten. 60. Tor von Belhadji wegen Abseits aberkannt